Die Geschichte der Hegelgasse

Verfasst von HR Mag. Günther Aberham, Direktor dieser Schule von 1979 bis 1994, vollständig zitiert aus dem Jahresbericht 1995/96.

Seit im Jahr 1955 die Festschrift “50 Jahre Lehrerbildungsanstalt” erschienen ist, sind mehr als 40 Jahre vergangen. Dieser Jahresbericht möchte einen Neubeginn setzen und die Reihe der gedruckten Jahresberichte, die es vor dem zweiten Weltkrieg gab, fortsetzen. Die Festschrift 1955 zog eine Bilanz über 50 Jahre Lehrerbildung in Hegelgasse 12. 1905 wurde hier das “Niederösterreichische Landeslehrerseminar” als Teil des “Niederösterreichischen Landespädagogiums” gegründet. Diese Neugründung setzte das 1868 errichtete “Städtische Lehrerpädagogium” fort. Das “Niederösterreichische Landeslehrerseminar” wurde 1921 vom Bund als “Bundeslehrerbildungsanstalt” übernommen. Leider (das ist meine persönliche Auffassung) wurde durch die Schulgesetzgebung 1962 die bewährte Lehrerbildungsanstalt aufgelassen. Im Schuljahr 1963/64 begann der erste Jahrgang des als fünfjährige Oberstufe vorgesehenen Musisch-pädagogischen Realgymnasiums. Diese Schulform war konzipiert als Zubringerschule für die Pädagogischen Akademien, die die Nachfolge der Lehrerbildungsanstalten angetreten hatten. Der letzte Jahrgang, der die Reifeprüfung am Ende des 13. Schuljahres abgelegt hatte, verließ unsere Schule im Winter 1971. Die dritte Novelle zum Schulorganisationsgesetz brachte nämlich die Sistierung des 13. Schuljahres (das an den Langformen der allgemeinbildenden höheren Schulen nie realisiert wurde), und den Schülern der neunten Klasse der Musisch-pädagogischen Realgymnasien erließ man das letzte Semester.

Da die Musisch-pädagogischen Realgymnasien die Erwartungen, die man in sie gesetzt hatte, nur teilweise erfüllt hatten, wurde mit dem Schuljahr 1976/77 eine neue Schulform geschaffen: das vierjährige “Oberstufenrealgymnasium”. Dieses ORg umfaßt nun die neunte bis zwölfte Schulstufe. Übrigens hatte im genannten Schuljahr unsere Anstalt den absoluten Höhepunkt der Schülerzahl erreicht: etwa 750 Schüler in 24 Klassen !  Jede Schulstufe wurde mit sechs Klassen geführt. Durch die Errichtung einiger neuer Oberstufenrealgymnasien in Wien (zum Teil parallel zu bereits bestehenden Langformen) ging diese Klassen- und damit Schülerzahl in unserem Haus auf drei bis vier Klassen pro Jahrgang zurück. Auf Grund von Anregungen aus dem Lehrkörper wurde dann 1982/83 noch eine Sonderform des Oberstufenrealgymnasiums eingeführt: das “ORg mit besonderer Berücksichtigung der musischen Ausbildung”. Schüler mit besonderer Begabung auf musikalischem oder zeichnerischem Gebiet (beides in einem weiten Sinn) sollen die Möglichkeit erhalten, ihre diesbezüglichen Fähigkeiten kreativer und kognitiver Art an einer allgemeinbildnenden höheren Schule einzubringen. Es handelt sich also nicht wie beim “ORg für Studierende der Musik” (das fünfjährig geführt wird) um eine spezielle Berufsvorbereitung. Allerdings ist das Bestehen einer Eignungsprüfung Voraussetzung für die Aufnahme in diesen Zweig. Man könnte sagen, daß diese Eignungsprüfung eine Überprüfung der Begabung darstellt. Damit fällt der oft negativ zu sehende Aspekt der punktuellen Prüfung von Kenntnissen und Fertigkeiten weg. Die Begabung hängt nicht davon ab, wie sehr und wie gründlich sich jemand auf die Prüfung vorbereitet hat.

In der letzten Generation hat sich also in unserem Haus sehr viel getan. Geleitet wurde die Schule bis 1967/68 vom nachmaligen Landesschulinspektor HR Dr. Rudolf Schön, einem hervorragenden Pädagogen und mathematischen Fachmann von höchsten didaktisch-methodischen Fähigkeiten. 1968/69 leitete die Schule interimistisch Oberstudienrat Dr. Emil Linhart. Am 1. September 1969 übernahm HR Rudolf Zörner die Schulleitung. da er Obmann des Zentralausschusses der Gymnasiallehrer war, wurde er jedoch bald von Oberstudienrat Robert Sperl und ab 1.1.1974 von HR Leopold Liser vertreten. Im Jänner 1971 wurde die Schule vom größten Unglücksfall der über hundertjährigen Schulgeschichte heimgesucht. Auf einer Fahrt zu einem Schulschikurs fanden zwei Lehrer, Prof. Erich Bartl und Prof. Werner Kühhas, bei einem Zusammenstoß auf der Autobahn bei Linz den Tod. Prof. Dr. Scheithauer und mehrere Schüler wurden schwer verletzt.

Nach dem frühzeitigen Ableben von Direktor HR Zörner wurde mit 1. Oktober 1979 der Schreiber dieser Zeilen Direktor. Er übte diese Funktion bis zu seinem Übertritt in den Ruhestand am 31.12.1994 aus.

Da der Nachfolger, Mag. Michael Jahn, sein Amt erst am 22. Jänner 1996 antrat, leitete in der Zwischenzeit Prof. Mag. Günther Kopp mit großer Umsicht die Schule. In diese Zeit füllt auch die Betrauung unserer Anstalt mit einem Teil der Externistenprüfungen und -reifeprüfungen im Bereiche des Stadtschulrates für Wien.

Ich möchte diese Gelegenheit nicht vorbeigehen lassen, ohne mich bei allen meinen Kolleginnen und Kollegen, insbesondere bei Prof. Kopp, für die zum Teil jahrzehntelange gute Zusammenarbeit zu bedanken. Meinem Nachfolger wünsche ich für seine schwierige und verantwortungsvolle, aber auch schöne Tätigkeit viel Erfolg und Freude. Allen Schülerinnen und Schülern aber mögen die Jahre, die sie hoffentlich erfolgreich in unserem Haus verbringen, genauso schnell vergehen, wie mir die Zeit vergangen ist, die ich in der Hegelgasse 12 verbracht habe.

HR Mag. Günther Aberham

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